Die Herbstmilbe
ein wenig bekannter, aber lästiger Parasit bei Mensch und Tier
Wer kennt die vermeintlichen Mückenstiche nicht, die an Körperteilen auftauchen, an die Stechmücken eigentlich gar nicht gelangen können. Man spürt sie erst, wenn man schon längst nicht mehr draußen ist, oft erst ein oder zwei Tage später, besonders morgens unter der warmen Bettdecke. Die Quaddeln, die sich von Mückenstichen wenig unterscheiden, sitzen an den Fesseln, an den Beinen, am Bauch und anderen meist bedeckten Körperoberflächen, speziell dort, wo die Haut dünn ist und die Kleidung eng anliegt. Aber nicht nur wir Menschen werden davon befallen, auch Hunde und Katzen werden von diesen Plagegeistern heimgesucht, die vielen Menschen unbekannt sind: Es sind die Gras- oderHerbstmilben (auch Erntemilben genannt; Neotrombicula autumnalis), die in vielen Teilen Deutschlands weit verbreitet sind und manch einem Geplagten Rätsel aufgeben. Hunde und Katzen kratzen sich, beißen sich an ihren Pfoten, um den Juckreiz zu stillen. Junge Tiere mit noch dünner Haut sind besonders gefährdet, vor allem zwischen den Ballen, am Bauch, Hündinnen auch an ihrer Schnalle (Schamlippen).
Der Milbenbefall (Trombidiose) wird in manchen Gegenden Deutschlands auch "Beiß" oder "Herbstbeiße" genannt; im Englischen heißen die Parasiten "chiggers". So weit man weiß, werden von der Herbstmilbe in Deutschland (anders als in Ostasien) keine Krankheiten übertragen.
Wie alle Milben durchläuft die Herbstmilbe ein Larvenstadium. Im Gegensatz zu den Zecken (die zoologisch auch zu den Milben gehören), bei denen in der Regel der Mensch von den ausgewachsenen (adulten) Tieren oder von den Larven gebissen wird, ist es bei den Herbstmilben ausschließlich die Larve, die uns und die Tiere plagt. Sie ist so klein, dass man sie normalerweise nicht sieht: deutlich unter 1 mm, ein rosarotes Tierchen mit sechs Beinen und einem Saugrüssel. Durch diesen Rüssel scheidet es Sekrete aus, mit dem das Gewebe aufgelöst und anschließend aufgesaugt wird. Die Quaddeln tragen an ihrer Spitze ein kleines, kaum sichtbares Bläschen, unter dem sich die Milbe aufhält. Während Mückenstiche, sofern sie sich nicht entzünden, nach kurzer Zeit nicht mehr zu spüren sind, hält das Jucken der Herbstmilbenstiche meist mehrere Tage an.
Nach dem Schlüpfen aus dem Ei ersteigen die Larven nicht vor Mitte Juli Grashalme und andere kleine Pflanzen, von denen sie im Vorbeigehen abgestreift werden. Nach dem Vollsaugen fällt die Larve ab und verkriecht sich im Erdboden, wo sie sich zur Nymphe weiter entwickelt. Die Zeit des stärksten Vorkommens der Herbstmilbenlarve liegt in Deutschland in den Monaten August und September. Vermeintliche Herbstmilbenstiche im Frühjahr sind wohl auf andere Ursachen zurückzuführen. Das adulte Tier, das vermutlich im Frühjahr aus der Nymphe schlüpft (der genaue Zeitraum ist nicht ausreichend erforscht), besitzt 8 Beine und ernährt sich von Insekten und deren Eiern. Im Haus kann sich die Herbstmilbe daher nicht vermehren.
Vorbeugung:
Da die Milben viele verschiedene Säugetiere (und sogar Vögel) befallen können, sind sie besonders auf Weiden oder Wiesen zu finden, auf denen sich viele Nutz- und Haustiere tummeln. Die Milben stechen vornehmlich in den Sommer- und Herbstmonaten. (Ähnliche Stiche, über die manchmal bereits im wärmer werdenden Frühjahr berichtet wird, sind vermutlich auf andere Parasiten, evtl. Vogelmilben zurückzuführen.) Bei trockenem, warmem Wetter empfiehlt es sich also, die genannten Weiden und Wiesen zu meiden. Um den Biestern keine Chance zu geben sich festzusetzen, sollte man sich nach der Rückkehr zu Hause abduschen und die Kleider wechseln. Den Hunden hilft vielleicht Schwimmen, um die Milbenlarven loszuwerden, die sich noch nicht festgebissen haben. Personen, die häufig befallen werden oder sogar eine Allergie entwickeln und mit großflächigen Quaddeln reagieren (Urtikaria), sollten Schuhe und Hosen sowie evtl auch die Beine mit Repellentien (z.B. Autan) oder Pyrethroid-haltigen Insektensprays einsprühen.
Hat man die Milben im eigenen Garten, so kann man ihnen durch regelmäßiges Mähen die Gelegenheit nehmen, auf erhöhtem Posten auf ihr Opfer lauern zu können. Der Grasschnitt sollte so entsorgt werden, dass die Milben den Weg in den Garten nicht zurück finden. Eine völlige Ausrottung der Milben wird aber kaum gelingen. Auch eine chemische Behandlung des Rasens ist sinnlos, da dadurch gleichzeitig die Fressfeinde der Milben abgetötet werden und die Herbstmilben zudem wieder einwandern. Da die Milben sich von (feuchter) Erde nicht weit entfernen, ist man auf Terrassen und ähnlichem im allgemeinen sicher.
Bei Hunden kann man den Herbstmilbenbefall mit denselben Mitteln verhindern wie einen Befall mit Zecken, also z. B. mit ExSpot, Frontline oder einem Zeckenhalsband. Erhältlich sind diese Mittel über den Tierarzt.
Behandlung:
Wenn das Jucken gar zu schlimm ist, sollte man die befallenen Hautstellen mit 70%igem Alkohol abreiben. Die Milben werden dadurch abgetötet, der Juckreiz dauert allerdings noch einige Stunden an. Statt des teuren Ethylalkohols (Ethanol) kann man auch den billigen Isopropylalkohol (Isopropanol) verwenden (engl.: "rubbing alcohol"; er wird in der Medizin zum Desinfizieren der Haut benutzt). Um den Juckreiz schneller zu beenden, kann man nach dem Abtupfen mit Alkohol noch ein juckreizstillendes Gel (z.B. Fenistil, Soventol) auftragen, was man eventuell noch ein oder zwei Mal wiederholen muss.
Eine Alternative zum Abreiben mit Alkohol sind bei starkem Befall "Crotamitex" oder "Jacutin" (rezeptfrei in der Apotheke). Der Hund sollte diese Milbengifte allerdings nicht abschlecken können, und sie sollten auch nicht auf Schleimhäute aufgetragen werden. Eine Behandlung milbenverseuchter Rasenflächen mit Insektiziden wird nicht empfohlen, da dabei auch die nützlichen Kerbtiere vernichtet werden, die für einen guten Boden unbedingt notwendig sind.
Fazit:
Rasen häufig mähen, Schuhe und Hosen mit Repellentien einsprühen, Wechsel von Strümpen und Schuhen (evtl. auch Hosen) nach dem Aufenthalt auf befallenen Flächen, baldiges Duschen. Sollten trotzdem noch Stiche auftauchen: Frühzeitig abtupfen mit Alkohol, juckreizstillendes Gel auftragen.
© 1996, 2007, 2012 Prof. Dr. Roland Friedrich, Universität Gießen
Weitere Informationen finden sich u.a. auf folgenden Web-Seiten:
Eine hervorragende Zusammenfassung ("Trombiculiden und Trombidiose") aus der Zeitschrift für Allgemeinmedizin (2000)
Detaillierte Untersuchungen zur Biologie und Ökologie der Herbstmilbe finden sich in einer Dissertation (Univ. Bonn, 2003, 300 Seiten. Wohl derzeit die aktuellste und ausführlichste Arbeit zum Thema Herbstmilbe)
Die viel zitierte Homepage http://www.milbenforschung.de/ ist derzeit offline
Die folgenden Seiten sind auf Englisch:
http://ohioline.osu.edu/hyg-fact/2000/2100.html
http://www.entomology.ucr.edu/ebeling/ebel9-3.html Eine ausführliche, wissenschaftliche Information der University of California, Riverside; ("MITES" anklicken)